Der SV Kist strebt nach Fairness

aus der Mainpost-Ausgabe vom 19.09.2017

„Rot-Weiß – unsere Farben – unser Verein“. So lautet die neue Parole des SV Kist. In diesem Verein – auch das ist neu – soll es von jetzt an vor allem fair zugehen. Zumindest, wenn es nach dem sportlichen Leiter Gerhard Beck und seinen Unterstützern Oskar Michel, Michael Baunach und Wolfram Krapf geht. Kaum ins Amt gewählt, haben sie Leitlinien erarbeitet. Eine davon lautet: „Sportliches und faires Verhalten wird von den Funktionären, Trainern und Mannschaftsbetreuern vorgelebt und ebenso von den Spielern verlangt.“ Auf keinen Fall will man, wie in der vergangenen Saison, wieder Letzter in der Fairnesstabelle sein.

Da trifft es Beck hart („Ich predige jetzt seit zehn Wochen Fairness“), dass es am vergangenen Wochenende in der Kreisklasse-Partie gegen den SV Waldbrunn zu einer unschönen Begebenheit kam, die für den Kister Spieler Nasir Alispahic mit einem Platzverweis endete. Der 20-jährige Bosnier hatte, nachdem er gefoult worden war, seinen Gegner angespuckt. „Das war natürlich total daneben, da gibt es keine Entschuldigung dafür. Wir müssen daran arbeiten, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt“, sagt Beck, der jedoch nicht möchte, dass der Vorfall für den jungen Fußballer, der gegen Waldbrunn sein Pflichtspieldebüt gegeben hat, zum Stigma wird.

"Fußball ist nie gerecht"

„Fußball ist nie gerecht und Fouls gehören dazu. Nasir muss eben lernen, seinen Verstand einzuschalten und sich zu beherrschen.“ Kapitän Andre Scheder, der gegen Waldbrunn in der 38. Minute den Ausgleichstreffer erzielte, ergänzt: „Jeder hat eine zweite Chance verdient.“ Der Rotsünder, der seit drei Jahren in Deutschland lebt und in Würzburg Wirtschaftswissenschaft studiert, ist zerknirscht: „Was passiert ist, tut mir leid. Ich hab mich dafür auch bei meinem Gegenüber entschuldigt.“ Wie lang er für seine Unsportlichkeit gesperrt sein wird, steht noch nicht fest.

Klar ist allerdings, dass er nicht auf dem Platz stehen wird, wenn der SV am Samstag (15.30 Uhr) den TSV Eisingen zum Lokalderby empfängt. In der erwartet hitzigen Stimmung können die Kister zeigen, wie ernst es ihnen mit ihrem Streben nach Disziplin und Fairness ist.

„Die letzten zwei Jahre waren schon krass“, erinnert sich Kapitän Scheder an eine Saison, in der er mit seiner Mannschaft gerade so den Klassenerhalt geschafft hat. Den sportlichen Misserfolg, den permanenten Kampf gegen den Abstieg und den draus resultierenden Frust macht er mitverantwortlich für die Disziplinlosigkeiten.

Durchschnittsalter 22
„Das war schon auffallend hier. Wir haben uns ja permanent selbst geschwächt“, sagt Beck. Die Hoffnung, dass sich in dieser Spielzeit etwas ändern wird, schöpft er nicht nur daraus, dass er seit Wochen Werte predigt, sondern auch aus der Tatsache, dass zwei bis drei Hitzköpfe das Team verlassen haben. Dafür kamen viele junge Talente nach. Inzwischen hat der Kader ein Durchschnittsalter von 22 Jahren, 15 von 18 Spielern stammen aus der eigenen Gemeinde.

„Das Team hat Potenzial. Gerade ihm wollten wir eine Perspektive geben“, sagt Beck und denkt dabei an den Rücktritt des kompletten Vorstandes im Januar. Die Fußballabteilung des SV Kist stand vor dem Aus, bis der 53-Jährige und seine Mitstreiter beschlossen, die Fußballabteilung neu zu strukturieren und die Weichen für die Zukunft zu stellen. So gab es neben der inhaltlichen Fokussierung auf Disziplin, Fairness, Fitness und sportliche Weiterentwicklung einige organisatorische Veränderungen.

Die Fußballabteilung ruht nun auf sechs Säulen – namentlich „Verwaltung“, „Liegenschaften“, „Veranstaltungen/Bewirtung Sportheim“, „Sport aktiv“, „Jugend“ und „Alte Herren“ – wodurch die Arbeit besser verteilt wird. Das ermöglicht es auch einem großen Teil der alten Vorstandschaft, weiter mitzuwirken. Erste Veränderungen sind für Scheder und seine Kameraden bereits spürbar: „Wir sind im Verein wieder eine Einheit geworden. Die Euphorie ist zurück. Auch im Dorf.“